Geschichte der Vespa

Die erste Vespa, die Vespa 98, kam 1946 auf den Markt und trug den Spitznamen „Paperino“ (Entchen); sie hatte 98 cm³ Hubraum und war maximal 60 km/h schnell. Ihr Erfinder war Corradino D’Ascanio – ein Ingenieur, dessen Traum es war, Hubschrauber zu bauen. Er entwickelte das Konzept der Vespa kurz nach Kriegsende im Auftrag von Enrico Piaggio, indem er von einem sitzenden Menschen ausging, um den herum er die Technik des neuen Zweirades anordnete.

Als ehemaliger Konstrukteur von Kriegsflugzeugen wollte er über die Produktion von Töpfen und Pfannen mit den vorhandenen Werkzeugen hinaus.

Die Ur-Vespa „98“ sollte einfach, sparsam und leicht fahrbar sein – und mit den vorhandenen Produktionsanlagen zu bauen sein. Weil Corradino nie zuvor Motorräder konstruiert hatte, ging er völlig unvoreingenommen an diese Aufgabe heran. Der Antrieb und die Kraftübertragung sollten so einfach wie möglich sein und so entschied er sich für eine Triebsatzschwinge ohne Sekundärkette, zumal der Kettenantrieb in der damaligen Notzeit aus Materialmangel fast unmöglich war. Auch sollte die Vespa keine Motorenteile haben, an denen man sich schmutzig machen konnte. Daher war der Motor komplett verdeckt untergebracht. Der Reifenwechsel sollte so einfach wie bei einem Auto sein.

Ende 2016 wurde auf der EICMA in Mailand die Vespa Elettrica-Studie vorgestellt, die erste Vespa mit Elektromotor. Die E-Vespa basiert auf der aktuellen Vespa Primavera. Ab Frühling 2018 wird die E-Vespa mit 100 Kilometer Reichweite und TFT-Display mit Bord-Computer bei den Händlern zum Kauf angeboten werden.

 

KONZEPT UND VERBREITUNG

Für die Entstehung des Konzeptes von Belang ist, dass auf dem damaligen Piaggio-Werksflugplatz Pontedera bei Pisa mit einem kleinen Projekt die Ausnutzung bestimmter Ressourcen (Fabrik, Material, Designerfahrung) optimal gewährleistet werden sollte. Die Konsumenten, die zumeist noch unter den Entbehrungen des Krieges zu leiden hatten, benötigten ein kostengünstiges, aber ansprechendes Transportmittel, dem auch das Befahren schadhafter Straßen nichts anhaben konnte. Aus diesen Beschränkungen heraus entstand – wie so oft in der Technikgeschichte – ein genial einfaches Konzept, die Vespa. Ihr Name wurde am 23. April 1946 zum Patent angemeldet. Sie erreichte mit nur 3,2 PS eine Geschwindigkeit von 60 km/h.

Die nächste Type „Vespa 125“ (1953) hatte 5 PS Leistung und war 75 km/h schnell. Neben anderen Verbesserungen war nun der Scheinwerfer oberhalb des Lenkers montiert. Weitere Neuerungen folgten 1955 mit einem 150-cm³-Motor, Vierganggetriebe, langem Doppelsattel und 100 km/h Spitzengeschwindigkeit.

1965 waren weltweit bereits über drei Millionen Vespas verkauft, danach verebbte ihr Siegeszug in Europa langsam, weil inzwischen für die breiten Massen auch das Automobil erschwinglich wurde. Die Vespa wurde aber in Indien und Teilen Asiens sowie einigen Ländern Afrikas zu einem der wichtigsten Transportmittel und ist es teilweise bis heute. Außer in Deutschland wurden diverse Vespamodelle in allen Teilen der Welt in Lizenz gebaut z. B. in Indien von Bajaj und LML, in Frankreich von ACMA, in England von Douglas, in Pakistan, im Iran und in Malaysia. In der UdSSR wurde die GS3 kopiert und unter dem Namen Vyatka ohne Lizenz in leicht modifizierter Form in großer Stückzahl gebaut.

 

Für ältere und seltene Modelle, wie beispielsweise die Vespa U, Hoffmann Vespa, Vespa SS50 und SS90 oder die französische Militärvespa TAP 56 oder 59[4], aus der Lizenzproduktion des Unternehmens ACMA, werden Liebhaberpreise bezahlt.

Bei den handgeschalteten Vespas wird bemängelt, dass die technische Ausstattung nicht dem heutigen Stand der Technik entspricht (Ergonomie, Umweltverträglichkeit usw.), dagegen haben sie mehrere darauf beruhende Vorteile: das von Mode unabhängige Design oder die Möglichkeit zur Selbst-Reparatur.

Die Ersatzteilversorgung bei Fahrzeugen aus dem Hause Piaggio ist gut, außerdem bietet der Markt ein großes Angebot an Zusatzartikeln.

 

VESPA IN DEUTSCHLAND

In den 1950er Jahren wurde die Vespa auch nördlich der Alpen bekannt und zu einem Lieblingsfahrzeug insbesondere der jungen Generation. In die Schweiz wurden die ersten Vespas bereits 1947 exportiert, nach Deutschland kamen sie etwa 1950. Jakob Oswald Hoffmann schloss 1949 mit Piaggio einen Lizenzvertrag ab und baute im rheinischen Lintorf ab dem Frühjahr 1950 Vespas für den deutschen Markt. Zwischen 1950 und 1953 baute er das Modell HA und lediglich im Jahr 1953 das Modell HB.

Unter großem finanziellen Aufwand und aufgrund der großen Konkurrenz insbesondere durch die leistungsstärkeren „Lambretta“-Roller des Herstellers Innocenti entwickelte Hoffmann ohne Genehmigung der Piaggio-Werke die Vespa (insbesondere deren Motor) weiter und brachte schließlich 1954 die „Königin“ auf den Markt. Piaggio kündigte daraufhin Hoffmann den Lizenzvertrag fristlos.

Außerdem steckte Hoffmann großen Aufwand in die Entwicklung eines Rollermobils (Hoffmann Kabine) ähnlich der BMW Isetta. Aufgrund der sehr großen Ähnlichkeit und der damit verletzten Patentrechte verklagte der BMW-Konzern die Hoffmann-Werke. BMW gewann den Prozess. Deshalb, und aufgrund der Investitionen in die aufgegebene Vespa-Produktion mussten Ende 1954 die Hoffmann-Werke Konkurs anmelden. Die Vespa-Produktion wurde in den Messerschmittwerken in Augsburg fortgesetzt.

Eine Kuriosität am Rande: Für einen gewissen Zeitraum gab es in der Phase der Insolvenz der Hoffmann-Werke und zeitgleich bei Produktionsbeginn der Messerschmidtwerke zwei Hersteller und Lieferanten von Vespas in Deutschland, da sich in der Insolvenzmasse von Hoffmann auch etliche vorproduzierte Teilesätze befanden, aus denen auf Anweisung der Insolvenzverwaltung noch Komplettroller montiert und verkauft wurden.

FRÜHERE UND AKTUELLE TYPEN

Die motorisierte „Wespe“ (Vespa) hat auch eine Verwandte, die „Biene“ (Ape), die besonders in der Region rund ums Mittelmeer als beliebter Dreiradtransporter bis heute sehr gute Dienste leistet.

FAHRER UND SOZIALES

Die Motorroller, die noch heute produziert werden, haben Kultstatus erreicht. Einige Vespa-Fahrer bezeichnen sich als „Vespisti“, die teilweise in Vereinen, Fahrgemeinschaften und Stammtischen organisiert sind, wobei auch regelmäßige Treffen (Vespa World Days, Nationale Vespa Days, etc.) oder Sternfahrten stattfinden.

 

Die ersten Vespa-Clubs wurden bereits Ende der vierziger Jahre gegründet. Die lokalen Ortsclubs wurden jeweils durch Dachverbände in einzelnen Ländern zusammengebracht (z. B. Vespa Club Austria, Vespa Club von Deutschland, Vespa Club Schweiz, etc.). In Europa entstand so der Vespa Club d’Europe, der danach in die FIV (Federation Internationale des Vespa Clubs) überging. Die FIV wiederum hat sich Ende 2005 aufgelöst und wurde 2006 durch den „Vespa World Club“ ersetzt.

In der Vespa-„Szene“ gliedert sich hauptsächlich in Vespa-„Schraubern“, Oldtimerliebhaber, Tourenfahrer und „Alltagsnutzer“. In Deutschland wurde ein Teil der Vespisti „Prodomo-Fahrer“ genannt – jenes war ursprünglich eine Schmähung für jene Vespa-Fahrer, die nicht bereit waren, sich mit Leib und Seele ihrem Vehikel zu verschreiben, die also im übertragenen Sinne bereit waren, sich statt echtem Espresso auch mit einem Brühkaffee wie Dallmayr Prodomo zufrieden zu geben.[5] Mittlerweile gibt es auch bekennende „Prodomisten“ und „Prodominas“.

In Deutschland gibt es neben der Clubzeitung des VCvD (die „Vespina“), seit dem 1. Juli 2014 Die WESPE am Markt. Die Wespe ist ein vierteljährlich erscheinendes Print-Magazin, welches sich ausschließlich mit dem Thema Vespa befasst. Themen sind unter anderem Restaurationen, Ausfahrten, Hintergrundberichte, Produktvorstellungen und vieles mehr. Seit Ende 2014 wird die WESPE auch im österreichischen Zeitschriftenhandel vertrieben.

 

VESPA IN DER KUNST

Seit den 1960er Jahren modifizieren Künstler ihre Motorroller zu Custom Rollern. Unter dem Titel „Mobilien & Immobilien“ realisierte der deutsche Künstler Eberhard Bosslet vier Fotoserien auf den kanarischen Inseln, Spanien. Zum Einsatz kam eine alte spanische Motovespa Sprint „04C“ aus dem Jahre 1966, die er vielfach im wechselnden Dialog mit den Hintergründen bemalte.

Rinaldo Piaggio

Enrico Piaggio

Erfinder der Vespa Corradino D‘ Acanio